My last host family

Zurzeit befinde ich mich in Cincinnati, im Südwesten von Ohio, einen Katzensprung von Kentucky und Indiana entfernt. Hier lebe ich in der wohl am meisten deutschen Familie in den USA. Sie essen Salat und Obst und fahren nicht mit dem Auto zum Briefkasten, sondern laufen zu Fuß. Sie mögen es sogar zu Wandern und mit den Hunden spazieren zu gehen, anstatt sie einfach nur angeleint in den Vorgarten zu lassen. Ich bin echt beeindruckt, vielleicht wird, nach diesen drei Wochen, der „re culture shock“ back in Germany, gar nicht mehr so groß sein. Hier in Ohio und vor allem in Cincinnati, ist sowieso alles etwas mehr deutsch, viele der Leute haben deutsche Wurzeln. Um 1850 sind eine Menge Deutsche in die USA immigriert und da wir mittlerweile gelernt haben, dass die USA im Laufe der Zeit von Osten nach Westen besiedelt wurde, kann man sich erklären wieso in verschiedenen Teilen der USA, Immigranten mit unterschiedlicher Herkunft dominieren. Hier gibt es das zweitgrößte Oktoberfest der Welt und sogar einen Weihnachtsmarkt, ob die guten Glühwein ausschenken werde ich noch herausfinden ;-). Cincinnati ist eine der drei großen Städte in Ohio und als Handels- und Fabrikstadt ziemlich bedeutend, viele große Firmen wie z.B. General Electric haben hier einen Standort. Die Bangels sind das NFL (National Football League) Footballteam von Cincinnati, der Superbowl (Finale) wird am Saisonende im Februar 2017 ausschließlich von NFL Teams ausgetragen. Nächstes Wochenende gehen wir ins Stadion, dann werde ich mal sehen, ob ich überhaupt einen Unterschied zwischen College- und NFL Football feststellen kann – ich glaube nicht ;-).

Vom Carew Tower (Wahrzeichen und höchster Turm der Stadt, 175m) erhielt ich einen wunderbaren Ausblick über die gesamte Stadt und den Ohio River, dieser grenzt direkt an Kentucky. Übrigens kann man sagen, dass alle Städte südlich des Ohio Rivers früher im 1800 und 1900 Sklavenstaaten waren, die Staaten nördlich des Flusses, wie z.B. Ohio nicht. Ohio war ein wichtiger Bestandteil der „Underground Railroad“, ein geheimes Netzwerk von Gegnern der Sklaverei, die den Sklaven bei der Flucht vom Süden der USA in den Norden oder Kanada verholfen. Könnt ihr euch vorstellen, dass der Civil War und damit die Abschaffung der Sklaverei erst 150 Jahre her ist??? Ich finde es erschreckend und traurig und ich glaube, dass bis heute die ganze Geschichte nicht aufgearbeitet ist und im Stillen immer noch zu viel Rassismus besteht.

Eine andere Sache fällt mir noch ein, die ich euch gerne zu Ohio erzählen möchte. Und zwar, habt ihr schon mal was von den „Appalachen Mountains“ gehört?? Die Amis nennen sie die Rocky Mountains des Osten. Die Gebirge zieht sich vom Südosten Kanadas bis in den Südosten der USA, da es nicht so hoch ist, ist es hauptsächlich bewaldet. Ich glaube sogar, es war mal höher als die Rockys, aber dadurch, dass es so alt ist (450 Millionen Jahre) sind die Berge abgesackt – meine Gastmutter ist Geologin und weiß eine Menge ;-). Und für die, die es interessiert, die Rockys sind „nur“ ca. 70 Millionen Jahre alt.

Diese Gastfamilie ist die Erste, mit Kindern in meinem Alter (19 und 24) und so fällt es mir auch erst jetzt auf, dass ich es ganz schön vermisst habe mit Gleichaltrigen rumzuhängen ;-). Ein paar Mal zelebrierten wir mit ein paar Freunden einen „Amerika Day“, wir gestalteten also einen Tag so klischeehaft wie nur möglich. Im Pickup (dieses Mal mit Subwoofer unter der Rückbank) fuhren wir in den Wald, schossen mit Pfeil und Bogen, mit Waffen auf Bierdosen oder zielten solange auf tote Bäume bis sie zerbrachen (schon mal einen Baum mit einer Shotgun gefällt –  einfach nur verrückt :-D). Machten ein Lagerfeuer, fuhren mit Quads durchs Gebüsch und aßen fettiges Fastfood. Natürlich gab es auch ruhigere Tage, meine Gastschwester hat ein Pferd auf einem Art Reiterhof, so kam es, dass ich fast jeden Tag Pferde streicheln und so manches Mal sogar durch die Wälder von Ohio reiten konnte.

Am 24.11 feierten wir Thanksgiving, das amerikanische Erntedankfest, ich würde sagen, dass es von vielen Amerikanern sogar größer und wichtiger Weihnachten gefeiert wird. Vormittags gingen wir wandern, damit wir hungrig in die „Fressorgie“ starten konnten, danach fuhren wir zu Verwandten meines Gastvaters um mit der ersten Hälfte der Familie feiern zu können. Zu essen gab es ein riesiges, kaltes Buffet und verschiedene Suppen. Danach fuhren wir zu den Großeltern um mit den engsten Familienangehörigen das eigentliche Festmahl einzunehmen. Traditionell mit einem ca. 10kg Turkey, Stuffing (Truthahnfüllung bestehen aus Brotstückchen mit Ei, Zwiebel und Gewürzen), Cranberry Relish, grüne Bohnen in Pilzsauce, Marshmellowüberbackener Süßkartoffelbrei, Kürbiskuchen und einem Schichtdessert bestehend aus Himbeerwackelpudding, Frischkäsecreme und Salzbretzeln – alles ziemlich lecker und vor allem sehr gehaltvoll. Da mein Gastvater es liebt zu kochen und seinen selbstgemachten Truthahn am liebsten mag, kochte er einfach zwei Tage später ein erneutes Thanksgiving Dinner.

Nach Thanksgiving wird hier in Amerika offiziell die Weihnachtszeit eingeleitet, das heißt die Häuser werden mehr oder weniger geschmacklos dekoriert und wird höchste Zeit einen Weihnachtsbaum zu kaufen. Meine Gastfamilie fuhr mit Sack, Pack und Hund zu einer riesigen Christmas tree farm um dort den schönsten Baum zu finden und selbstständig zu fällen, traditionell gab es „Hot Chocolate mit Baylies“. Ich erzählte, dass in Deutschland am 6. Dezember der Nikolaus kommen würde, meine Gastfamilie hörte ganz angetan zu – jetzt bin ich mal gespannt ob der Nikolaus den Weg in die USA bis zu meinen Cowboyboots finden wird :-).

Heute ist mein letzter Tag, in meiner letzten Gastfamilie – ich kann es nicht fassen, wie schnell ein halbes Jahr vergeht. Wenn ich darüber nachdenke wie viel ich erlebt habe, wie viel ich gesehen habe, wie viel ich gelernt habe und was für liebenswerte Menschen ich kennen gelernt habe kullern mir die Tränen!

Ich bin unendlich dankbar für jeden einzelnen Tag den ich hier erlebt habe, ich bin mir sicher, dass mich dieser Austausch für mein Leben geprägt hat.

Vielen Dank an alle IFYE People die so viel für mich organisiert haben, ohne euch wäre das alles nicht möglich gewesen.

Danke, an meine Eltern, die mich ermutigt und aufgemuntert und beraten haben als ich so viel zu organisiere hatte.

Danke, an all meine Freunde für die helfenden Hände und das Ertragen meiner Launen und Panikattacken in den Wochen vor meinem Austausch.

Am 20.12 geht mein Flieger zurück nach Deutschland, ich freue mich schon wahnsinnig alle lieben Menschen wieder zu sehen und bin unglaublich aufgeregt – fast so dolle wie vor einem Jahr als ich vor meiner USA Reise stand, ist das zu glauben? Jetzt habe ich noch knapp drei Wochen in den USA, die ich in Texas, Louisiana, Washington D.C. und New York City verbringen möchte – ein ziemlich strammes Programm, ich weiß. Ich freue mich wahnsinnig und hoffe, dass ich ein bisschen Zeit finde um euch zu informieren, bis dahin viele Grüße

Ohio so far

Hier in Ohio werde ich in vier verschiedene Gastfamilien sein, ungefähr alle 3 Wochen muss ich mich an eine neue Familie gewöhnen, an den Alltag anpassen und meine Lebensgeschichte erneut erzählen. Auf der anderen Seite heißt das aber auch viele neue Erlebnisse und Eindrücke zu bekommen und die Chance zu haben neue Freundschaften zu schließen. Jede Familie versucht die Zeit mit mir zusammen mit möglichst vielen spannenden Dingen zu füllen, mir Sehenswürdigkeiten zu zeigen oder mich zu den vermeintlich leckersten Burgerbuden, Cupcake oder Icecream Läden auszuführen – da kann auf die Schlanke Linie keine Rücksicht mehr genommen werden ;-).

Meine erste Gastfamilie wohnt in Vermillion, Ohio. Das ist eine kleine Touristenstadt direkt am Südufer des Lake Erie, das Nordufer grenzt an Kanada. Er gehört zu den „Great Lakes“ das sind fünf zusammenhängende Seen in den USA und Kanada, der Größte davon ist Lake Superior, dieser ist übrigens auch der flächenmäßig Größte Süßwassersee der Welt mit 821.000 km2. Lake Erie ist mit ca. 250.000 km2 „nur“ der viertgrößte der fünf Großen Seen. Zum Vergleich, der Bodensee hat ca. 500 km2, das Steinhudermeer nur ca. 30km2 Fläche. Das ist also unvorstellbar groß, der See sieht auch nicht aus wie ein See, sondern wie das Meer, mit hohen Wellen, Sandstrand, großen Schiffen und ziemlich klarem Wasser. Anfang Oktober hatten wir nahezu 30°C, da habe ich mich sogar ins Wasser getraut – im Oktober, wie cool ist das denn?!

Meine Gastmutter ist gelernte Hebamme, arbeitet aber in einem College als Nurse Practitioner, das ist quasi eine Mischung aus Krankenschwester und Arzt. Sie liebt es Staub zu saugen oder Wein zu trinken (kann man übrigens auch super kombinieren). Einen Abend waren wir auf einer Wein-Chocolate-Party, ich habe mich gnadenlos überfressen. Mein Gastvater ist Police Officer mit der Spezialisierung zum Wildlife Ranger. Er patrouilliert überwiegend in State- und Metroparks, kennt sich bestens mit Pflanzen und Tieren aus und liebt es Jagen oder Fischen zu gehen. An meinem ersten Tag in Ohio fuhren wir zur Police Akademie um die jungen Police Officer beim Schießtraining etwas aufzumischen. Nachdem ich das erste Mal eine Shotgun abgefeuert hatte, die halb so groß war ich selbst, hatte ich schon fast die Nase voll. Die Ausbilder liefen aber gerade erst warm und hatten die größte Freunde mir die Funktion der unterschiedlichsten Waffen beizubringen und sie mir danach mit einem dicken Grinsen in die Hand zu drücken. Als ich begann die ungeheure Lautstärke und den ziemlichen Rückstoß der Waffen zu ignorieren und vor allem die ersten Lobe ergatterte wie gut ich denn zielen könnte fand ich auch meine Freunde am schießen. Übrigens ist es hier in der USA im Grundgesetzt verankert, dass jeder Amerikaner das Recht hat eine Waffe zu besitzen um sich selbst zu verteidigen. Und wenn man in fast jedem beliebigen Einkaufladen z.B. Walmart eine riesige Kollektion der verschiedensten Waffen und Munition begutachten kann, kommt es einem echt so vor als wäre das alles „not a big deal“. Beim Kauf muss man lediglich seine ID Card vorlegen, dann durchläuft man einen kurzen „Tauglichkeitscheck“ im Police System, ob man schon mal negativ im Gebrauch von Waffen aufgefallen ist und Zehn Tage später darf man seine Waffe nach Hause tragen. Vollautomatische Waffen sind allerdings dem Militär vorbehalten. Einen anderen Tag gingen wir „duck hunting“, morgens um fünf tapsten wir in voller Camouflage Montur durch ein Sumpfgebiet, damit wir bei Sonnenaufgang mucks Mäuschen Still ein paar Enten schießen konnten. Der Plan ging allerdings nicht auf, wir saßen lediglich fünf Stunden in ein und derselben Position im Schilf und ließen und von Moskitos zerstechen – Enten haben wir nicht gesehen. Als wir die Woche drauf zum „Deer hunting“ gingen war ich mir sicher es könnte nur besser werden, immerhin hatte mein Gastvater ein paar Campingstühle und ein Camouflage Zelt ins Auto gepackt. Dieses Mal saßen wir ca. fünf Stunden im Wald und warteten auf einen Hirsch der nicht kam. Ich trank Kaffee und aß Mandarinen im Wechsel, mein Gastvater kaute lautstark Cracker oder Hustete, dass es einem fast leidtat. Als ich am Ende meinte, wir wären die schlechtesten Hunter ever, lachte er nur und sagte, er könne gar nicht verstehen wieso die Hirsche den Geruch von frischem Kaffee und Mandarinen nicht mögen ;-). Die zwei kleinen, acht und zehn Jahre alten Töchter verehrten mich als große Schwester, der 13-Jährige pubertierende Sohn wusste meine Anwesenheit nicht ganz so zu schätzen und kam nur zum Essen aus seinem Zimmer ;-).

 

Die Zeit danach verbrachte ich in einer Familie in der Nähe von Lima, im Nordwesten von Ohio. Da meine Gastmutter ziemlich verrückte Arbeitszeiten in einem Art Baumarkt hatte verbrachte ich hier die meiste Zeit mit den Großeltern oder der 90-Jährigen Urgroßmutter. Diese war für ihr Alter echt witzig und fit. Einen Nachmittag verbrachte ich während der Maisernte auf einem Mähdrescher, dort machte ich so einen verantwortungsvollen Eindruck das sie mich sogar ans Steuer ließen. Nach mir krabbelte die Uroma auf den Mähdrescher und fuhr mit dem dicksten Grinsen das Feld rauf und runter. Einen anderen Tag besuchten wir den Cousin meiner Gastmutter. Er und sein Sohn besitzen zwei nagelneue, riesige Mastställe mit jeweils 2400 Schweinen. Die Schweine kommen mit ca. 20kg und werden nach drei bis vier Monaten mit ca. 140 kg an einen Schlachter verkauft. Jede Stunde werden die Schweine automatisch über eine Fütterungsanlage gefüttert, diese kann bequem mit dem Handy von zu Hause bedient werden, genauso wie die Klimaanlage oder Heizung für den Stall. Da Schweine ziemlich anfällig für jegliche Krankheiten sind, kontrolliert nur einmal am Tag eine Person den Stall persönlich, diese muss zuvor eine „Hygieneschleuse“ passieren (duschen, Kleidung/ Schuhe wechseln). Das Futter besteht hier aus drei verschiedenen Teilen. 1. Trockenfutter (Mais, Cookies, Hundefutter..), 2. Nassfutter (Sirup..)  und 3. Wasser. Ja ich habe auch meine Stirn gerunzelt und lieber nochmal nachgefragt ;-). Nicht weit entfernt vom Stall befindet sich eine „Futter-Recycling-Anlage“, hier können Fabriken aller Art Lebensmittel loswerden, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht im normalen Supermarkt verkauft werden können. Ich sah dort Cookies, Kaugummi, Skittles, Hundefutter, Paniermehl, Bonbons, Zuckersirup … einfach alles. Die Lebensmittel werden geschreddert und gemixt und letztendlich an die Schweine verfüttert. Die Fabriken sparen die Kosten der Abfallentsorung, die Bauern die Kosten der Futterbeschaffung – also eine Goldgrube wie ich finde!

Die zwei zehn und 15 Jahre alten Söhne zeigten mir die Middle- und Heigh School, dort erzählte ich in verschiedenen Klassen ein wenig über Deutschland. Die Schüler verdrehten die Augen als ich ein paar der größten Unterschiede zwischen den USA und Deutschland, die ich bisher festgestellt hatte, erzählte. Das College/ Uni in den USA kostet pro Semester 7000 € oder mehr, in Deutschland gerademal -+ 500 €. Benzin wird einen hier in den USA quasi hinterhergeschmissen, für ein Gallon bezahlt man ca. 2 € (1 Gallon = 3,8 Liter). Der Führerschein kostet ca. 20 Euro und Kids die mitten im Nirgendwo wohnen können mit 14 Jahren alleine mit dem Auto zu Schule fahren. Mit den Großeltern wanderte ich durch den Hocking Hills State Park südlich von Columbus. Dort sahen wir Wasserfälle, riesige Felsklippen und Sandsteinhöhlen. Wir begutachteten den größten Kürbis (ca. 800kg) auf dem Pumpkin Festival, aßen Pumpkin Pie und tranken Pumpkin Cafe Latte. Ihr müsst wissen, in dieser Jahreszeit dreht sich alles um „Pumpkin Spice“ in Amerika. Wir besuchten das Neil Armstrong Air & Space Museum (der erste Mensch auf dem Mond kommt nämlich aus Ohio) oder betrachteten historische „Canal Boots“ auf dem „Miami and Erie Canal“. Die Kanalboote war die Erste Art von öffentlichen Transportmittel um 1845. Die damaligen Boote wurden von Pferden oder Maultieren durchs Wasser gezogen. Der Miami and Erie Canal mündet in den Ohio River, dieser in den Mississippi River, so war es möglich relativ bequem im Osten der USA von Norden nach Süden zu gelangen. Mit dem Großvater hier hatte ich am meisten Spaß, er ist ein richtiges Unikat, lange schwarze Haare, Fliegersonnenbrille, braun gebrannt, Federohrring auf einer Seite, Fleecekarohemd. Am ersten Abend hier kam er mit vier verschiedenen Flaschen „Moonshine“ (selbstgebrannter Schnaps), die ich durchprobieren sollte. Er fuhr mit mir Kajak oder zur „Range“ um mir ein weiteres Schießtraining zu verpassen. Wir sind hier ja in den USA, da ist es das normalste der Welt ein Maschinengewehr aus dem Keller zu holen. Nachdem ich mich gar nicht so blöd anstellte, die 45m entfernte Zielscheibe im mittigen Bereich zu treffen, fühlte ich mich fast wie ein American Sniper ;-).

 

Meine dritte Gastfamilie wohnt in Shaker Heights, einem Randbezirk von Cleveland. Hier fährt sogar eine Straßenbahn und es gibt Busse, public transportation ist hier in den USA echt was ganz Besonderes, wir wissen unser gut ausgebautes Bus- und Bahnnetz in Deutschland gar nicht so sehr zu schätzen! Meine Gastmutter ist 53 Jahre und pensionierte Streetworkerin, ich weiß auch nicht, wie die Amis es immer schaffen so früh in Rente zu gehen, aber sie ist nicht die erste Rentnerin in diesem Alter die ich getroffen habe. Ab und zu fährt sie Patrouille für das Police Department oder arbeitet in der Schokoladenfabrik ihres Neffen. So kam es, dass ich eines nachts mit einem Policeofficer die Straßen unsicher machte – oder in diesem Fall, sicher machte. Hier in der USA dauert die Ausbildung an der Police Academie nur ca. 4,5 Monate, danach verbringt man noch ein Praxisjahr, als Zweiter im Streifenwagen. Im Normalfall befindet sich hier nur ein Officer im Auto, in Deutschland ist es also eher Luxus einen Kollegen dabei zu haben. In der Schokoladenfabrik probierte ich mich durch die gesamte Kollektion, das heißt schokoladenüberzogene Pringles oder Oreokekse, saltet Caramel und jegliche Peanutbuttervariationen – das Paradies für mich ;-). Eines Abends fragte mich meine Gastmutter ob ich Interesse daran hätte die Niagara Fälle zu sehen. Ich grinste von Ohr zu Ohr und antwortete „that would be so awesome!“ Den nächsten Tag fuhren wir fast fünf Stunden zu den Niagara Fällen – quasi ein Katzensprung für Amis, wie ihr ja mittlerweile wisst ;-). Die Niagara Fälle sind genauer gesagt zwei nahe beieinanderliegende Wasserfälle. Die American Falls liegen vollständig in Amerika, durch die Horseshoe Falls (Hufeisenform) verläuft die Grenze zwischen den USA und Kanada. Steht man auf der amerikanischen Seite blickt man die Wasserfälle herunter, man steht quasi hinter den Wasserfällen. Von der kanadischen Seite aus hat man den besseren Blick in die Wasserfälle hinein, man steht quasi davor – macht das Sinn ???? Der Niagara River verbindet den Lake Erie mit dem Lake Ontario (gehören beide zu den Great Lakes), von dort aus fließt das Wasser über den Sankt-Lorenz-Strom in den Atlantischen Ozean. Die Great Lakes sind einer der wichtigsten Parts der Wasserversorgung von den USA und Kanada. Nachts ist die Wassermenge der Niagarafälle um mehr als die Hälfte gedrosselt. Ein großer Teil des Niagara Rivers wird zur Stromerzeugung, zu einem Staudam umgeleitet. Die Wasserfälle sind echt gewaltig und die hinabstürzenden Wassermengen ziemlich laut. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit ist immer ein Regenbogen zu sehen, nachts werden die Wasserfälle mit Scheinwerfern in den unterschiedlichsten Farben beleuchtet.

Cleveland hat ungefähr so viele Einwohner wie Hannover und ist die zweitgrößte Stadt in Ohio. Hier dreht sich alles um Sport wie ich von meinem 16 Jährigen Gastbruder gelernt habe. Die Cleveland Indians hätten dieses Jahr um ein Haar die World Series (Baseball Finale) geworden. Die Cleveland Cavaliers haben den wohl besten Basketballspieler der Welt, Lebron James. Die Info habe ich aber von einem ausschließlich made by Lebron-Klamotten tragenden und sonst nur Pokemon spielenden pubertierenden Halbstarken ;-).

Dann waren da noch die Wahlen des neuen Präsidenten der USA, die historisch waren wie wir alle wissen. Die Tage vor, als auch nach der Wahl gab es kein anderes Thema. Nachdem das Ergebnis feststand, war meine Gastmutter so geschockt, dass ich einen Tag lang nichts mit ihr anfangen konnte. Mein Gastbruder, der zur Hälfte African-American ist, fragte seinen Vater ob er jetzt Angst haben müsste. Ohio gehört zu den Swing States der USA, das bedeutet, dass der Anteil von Republikanern und Demokraten nahezu gleich ist und somit kein Wahlausgang vorauszusagen ist. Ohio hat 18 Stimmen im Electoral College, Nebraska z.B. nur 5. Wie viele Stimmen ein Staat hat, hängt von der jeweiligen Population ab. Der Präsidentschaftskandidat muss mindestens 270 Stimmen vom Electoral College bekommen um Präsident werden zu können. Auf der anderen Seite gibt es die „Popular Votes“ darunter versteht man die Stimme der einzelnen Bürger der USA. Jetzt wissen wir, wie es sein kann, dass Clinton die Wahl verloren hat, obwohl sie mehr Popular Votes hatte. Allgemein kann man sagen, dass die Ost- und Westküste und die größeren Städte eher Demokraten sind. Im mittleren Westen und in den wenig besiedelten Gegenden findet man häufiger Republikaner. Eine der Hauptursachen, wieso so viele Amis Clinton nicht wählten ist meiner Meinung nach die „Angst“ vor einer Erneuerung der Waffenrechte – die Amis LIEBEN ihre Waffen. Ich bin ganz froh, während der Wahl in dieser Gastfamilie gewesen zu sein. Mein Gastvater ist African-American und wusste echt ALLES zum Thema Geschichte und Politik in den USA, er hat mir oft andere Blickwinkel zu verschiedensten Dingen geben. Außerdem konnte ich oft einer Meinung mit meiner Gastfamilie sein, das ersparte mir einige innere Aggressionen. Übrigens habe ich mich hier in den Straßen von Cleveland das erste Mal wirklich ausländisch gefühlt – laut Wikipedia leben hier nur ca. 37% „Weiße“, der Rest ist verschiedener, anderer Abstammung. Immer wieder fällt mir auf, in was vielfältiger Hinsicht, jeder Teil der USA unterschiedlich ist. Im Dezember reise ich für eine Woche in den tiefen Süden der USA, auf diese Zeit freue ich mich schon ganz besonders, den Teil des Landes habe ich nämlich noch nicht gesehen ;-).

 

Freetime Part 2

 

Nach fünf Tagen in Nevada und Arizona saßen wir im Flugzeug Richtung Billings, Montana. Angekommen, am Flughafen war mein erster Gedanke „heyyy endlich wieder normale Leute in Wrangler Jeans und Cowboyboots“. Ich ging zum Rent a Car Stand und erzählte fröhlich von meinem Plan. Die Frau guckte mich nur komisch an und meinte „Sorry i can’t understand you“. Erneut fragte ich in meinem besten Englisch nach meiner Reservierung, aber wieder dieselbe Antwort. Ernsthaft? So exotisch kann mein Akzent doch gar nicht sein. Betröppelt drehte ich mich um und suchte nach einem anderen Stand – immerhin brauchte ich ein Auto. Nach einer kurzen und nicht wirklich luxuriösen Nacht im Motel 6, die uns 70 Dollar ärmer machte, beschlossen wir uns ein billiges Zelt zu kaufen und das gesparte Geld in etwas Besseres als muffige Motelzimmer zu investieren.

Der Plan für die nächsten zwei Tage war es, so viel wie möglich von Montana und vor allem vom Yellowstone Nationalpark in Wyoming zu sehen, dieser ist übrigens Highlight Nummer Zwei meiner Reise. Der Nationalpark ist der älteste der Welt (seit 1872) und einer der flächenmäßig Größten der USA. Um zum Nordost Eingang zu gelangen fuhren wir über den Beartooth Highway, einer der landschaftlich schönsten Highways der USA. Der Highway führt über die Beartooth Mountains, der höchste Gipfel ist der Granite Peak mit ca. 3900m. Wir sahen glasklare Bergseen, endlos trockene Steppe, dichte Nadelholzwälder oder einfach nur Gestein. Die plötzlichen 0°C, der Schnee und Windböen zum Hineinlegen ließen uns etwas frösteln, immerhin waren wir noch die 35°C vom Vortag in der Wüste Nevadas gewöhnt ;-).

 

Neben der atemberaubend schönen Landschaft im Yellowstone sahen wir Buffalos, Big Horn Sheeps, Deers, Coyotes und Black bears. Die Hauptstraße im Park ist als Acht ausgebaut, sodass man keine der herausragenden Sehenswürdigkeiten verpasst. Den ersten Halt machten wir an den „Mammoth Hot Springs“, ein Gebiet bestehend aus heißen Quellen mit schwefel- und kalkhaltigem Wasser. Zweiter Stopp war „Mud Volcano“ das sind brodelnde Schlammlöcher. Dort roch es überall nach Schwefel (nach faulen Eiern um es zu unterstreichen), das Schlammwasser brodelt und dampft aufgrund des Schwefelwasserstoffs und Kohlenstoffdioxids (Temp „nur“ 80°C). Kurz hielten wir am „Canyon oft the Yellowstone River“ und Wasserfall und machten ein paar Fotos. Allerdings waren wir gar nicht so beeindruckt was zweifelsohne daran lag, dass uns ein paar Tage zuvor die Aussicht auf den Grand Canyon verwöhnt hatte. Die „Norris Geyser Basin“ ist die heißeste (93°C) und säurehaltigste Area im Yellowstone. Dort gibt es viele aktive Vulkane und vermehrt Erdbeben. Die unterschiedlichen Farben der verschiedenen heißen Quellen entstehen aufgrund der Temperaturunterschiede und somit verschiedenen dort lebenden thermophilen Mikroorganismen und deren Aktivität. Hier gibt es auch den „Steamboat Geyser“, den größten aktiven Geysir der Welt zu sehen, zuletzt ausgebrochen ist er vor zwei Jahren. Als wir direkt davorstanden, hörten wir eine Parkrangerin sagen, es könnte jeden Augenblick wieder losgehen – das ließ mich echt ein mulmiges Gefühl bekommen. Vorletzter Stopp an diesem Tag war „Fountain Paint Pot“ in dieser Area gibt es alle hydrothermen Besonderheiten des Yellowstones auf einen Blick (Geysire, Hot Springs, mudpots and fumaroles) zu sehen, außerdem die farbenfrohste heiße Quelle (Grand Prismatic). Als hätten wir alles perfekt getimt, erreichten wir paar Minuten vor dem nächsten Ausbruch unsere letzte Sehenswürdigkeit an diesem Tag, den „Old Faithful“. Das ist einer der fünf aktivsten Geysire auf der Welt. Alle 90 Minuten bricht er für ca. eins bis fünf Minuten aus, dann kann man eine 30-55m hohe Fontane kochendes Wasser beobachten. Insgesamt waren wir gut zwei Tage im Yellowstone, das war gerade genug Zeit um einen kleinen, kurzen Blick von den gewaltigen Naturwundern zu erhaschen. Viele Amis bleiben für Wochen im Park und machen Urlaub im Camper – ein Träumchen wie ich finde. Zeltplätze gibt es übrigens nicht viele und „wildcampen“ ist verboten, was an den nicht zu unterschätzenden Grizzlybären, Wölfen oder Buffalos liegt.

Durch den Südausgang verließen wir den Yellowstone Nationalpark und fuhren in den direkt angrenzenden Grand Teton Nationalpark. Ein Stündchen fuhren wir durch dichten Nadelholzwald, dann beschlossen wir, dass es schon schöner wäre den Park im hellen bei Tageslicht zu sehen. Und da niemand im Dunkeln ein Zelt aufbauen oder Mitternachtssnack eines Grizzlys werden möchte, klappten wir die sitze nach hinten und schliefen im Auto. Morgens wurden wir von der aufgehenden Sonne über dem Jackson Lake“ (riesiger Bergsee) geweckt und sogleich von der Schönheit des Parks erschlagen ;-). Durch den Park zieht sich die Teton-Gebirgskette, der höchste Berg ist der Grand Teton mit knapp 4200m, die Landschaft erinnert mich an Österreich oder die Schweiz. Berge und Täler, Flüsse und glasklare Seen so kalt, dass man nicht mehr als einen Fuß hineinhalten möchte, unterschiedlichste Nadel- und Laubwälder in goldenen Herbstfarben…

 

Gegen Abend spazierten wir durch Jackson, einer kleinen, niedlichen, sehr touristischen Westernstadt im Westen Wyomings. Google Maps verriet uns, dass es ca. 1600 km bis zu unserem nächsten Ziel, dem Redwood National Park im Norden Californias sein würde. Also verbrachten wir die nächsten zwei Tage damit, zwei Bundesstaaten, beide flächenmäßig größer als Deutschland zu durchqueren. In Idaho hatte man das Gefühl, dass der ganze Staat aus unzähligen, unendlich großen Weizenfelder, mit überdimensionalen Bewässerungsanlagen besteht. Hin und wieder tauchten Michkuhbetriebe auf, in der Größe eines ganzen Dorfs. In Oregon war es etwas hügeliger mit viele Nadelholzwäldern, etwas weiter westlich nur noch Steppe mit kleinen trockenen Büschen. Oft sah man verlassene und verwitterte Gebäude, sodass man das Gefühl bekam die goldenen Zeiten der USA wären vorbei. Hier sind wir auf endlos langen, geraden Straßen gefahren, manchmal konnte man die Straße bis zum Horizont nicht enden sehen. Beim Verlassen einer kleinen Stadt, wurde man durch Schilder auf denen stand „Open Range“ oder „next Gasstation 100miles“ daran erinnert nochmal auf die Tankanzeige zu schauen. Auto fahren ist mit Abstand das günstigste was man in den USA machen kann, an diesem Tag sind wir fast 900km gefahren und haben ca. 50 Euro für Sprit bezahlt. Kein Bundesstaat hier in den USA ist landschaftlich wie ein anderer, außerdem unterscheiden sich die Leute, die Häuser, die Autos, die Ampeln, einfach alles…das wäre mir vor meiner Reise gar nicht so in den Sinn gekommen und ich bin immer wieder beeindruckt wie riesig die USA ist! Beim Übergang nach Kalifornien, gab es das erste Mal eine Grenzkontrolle innerhalb der USA. Wir wurde gefragt ob wir Fleisch, Früchte oder Saatgut dabeihätten. Wir erwähnten die Wassermelone im Kofferraum, er meinte das wäre ok. Ich glaube dabei geht es hauptsächlich um Zitrusfrüchte und das keine speziellen Pflanzenkrankheiten usw. von der Ost- und Westküste ausgetauscht werden.

 

Der Redwood Nationalpark befindet sich im Norden Kaliforniens entlang der Pazifikküste, dort gibt es die Riesenmammutbäume, das sind die höchsten der Welt. Mit hoch meine ich max. 112m! Zum Vergleich, der höchste Baum in Deutschland ist ca. 60m hoch. Die Mammutbäume sind steinalt (ca. 2000 Jahre) und max. 6,7m breit – durch einen Baum sind wir mit dem Auto durchgefahren :-D, die Rinde ist ca. 30cm dick. Die dicksten Mammutbäume gibt es im Sequoia Nationalpark, südöstlich von San Francisco, dort sind die Bäume max. 12m breit, dafür etwas kleiner mit max. 95m hoch und etwas älter (max. 3200 Jahre alt). Häufigste Ursache für das Sterben der Bäume ist das Umkippen, da sie ein eher flaches Wurzelnetz haben. Im Urwald zu wandern war der Wahnsinn, überall waren moosbewachsene Baumstämme, Flechten, Farn, Flüsse und türkisfarbene Seen. Immer wieder dachte ich „das ist jetzt aber der gewaltigste Baum vom allen“, lief ein paar Meter weiter und wurde eines Besseren belehrt. Die Bäume wachsen in der gemäßigten Zone und brauchen eine relativ konstante Temperatur von 10-20°C, wenn ich zurück in Deutschland bin, werde ich meinen eigenen kleinen Mammutbaum pflanzen. Unseren Zeltplatz fanden wir auf einer Internetseite (freecamsites.net), die wir einige Tage zuvor empfohlen bekommen hatten. Dort werden kleine Rastplätze oder Picknick Areas angezeigt, die so abgelegen sind, dass es keinen interessiert ob man dort campt oder nicht. Wie bereits erwähnt, ist Wildcampen bespnders in Nationalparks verboten und wird echt teuer bestraft. Gezeltet haben wir also illegaler Weise auf einem kleinen Rastplatz mitten im Wald, den Abend verbrachten wir mit Jason, der genauso wenig wie wir 30$ oder mehr für einen richtigen Campingplatz zahlen wollte. Im Laufe des Abends kamen noch fünf andere Autos auf den kleinen Parkplatz gefahren, das war schon witzig, da wir nicht gedacht hätten, dass diese Internetseite so populär ist. Jason ist 34 Jahre, ursprünglich aus Chicago und bereist seit einem Jahr den Westen der USA. Er lebt in einem selbstumgebauten Mercedes Sprinter, der echt besser aussah als so manches Haus. Ab und zu arbeitet er unterwegs als Programmierer – ganz ehrlich so ein entspanntes Leben hätte ich auch gerne mit 34 Jahren. Den Tag drauf fuhren wir weiter südlich durch den Nationalpark, abends schlängelten wir uns nahezu zwei Stunden über Serpentinen durch den Wald und endeten in einem kleinen Dorf, welches sich als Sackgasse herausstellte. Hier fanden wir glücklicherweise doch noch unseren angepeilten, freien Campingplatz. Sowie ca. 15 andere, ziemlich verrückte Leute, die wohl schon etwas länger den Campingplatz belagerten und sich nicht darum scherten ob Marihuana nun legal oder illegal in California war. Die nächsten zwei Tage verbrachten wir damit, den Highway 1 nördlich Richtung San Francisco zu fahren. Der Highway 1 führt direkt entlang der Küste Kaliforniens und lässt einen keinen der schönsten Küstenabschnitte verpassen. Wir hangelten uns, mit vielen anderen alten VW Bussen mit Surfbrettern auf dem Dach, seitlich der Steinklippen und Sandstränden des Pazifiks. Die übrige Landschaft war steinig und hügelig, je näher wir der Küste kamen, desto windiger und kälter würde es, ab und zu gab es Gebiete mit Küstenmammutbäumen oder trockenen Nadelwäldern. Gecampt haben wir dieses Mal mit Blick aufs Meer und der darüber untergehenden Sonne, saßen am Feuer und grillten und lauschten den Wellen. Etwas weiter östlich im Landesinneren von Kalifornien liegt Napa Valley, die bekannteste Weinanbaugegend in den USA. Dort ist es durchschnittlich 1°C wärmer, was die Ernte begünstigt, ein Blick aufs Thermometer im Auto verriet uns 39°C, zwei Stunden zuvor an der Küste hatte es uns nur 23°C angezeigt. Napa Valley ist bei Touristen sehr beliebt und hat nach Disney Land in CA die zweithöchste Besucherzahl. Ich hatte mich schon seit zwei Wochen auf eine gute Flasche Wein gefreut, aber die Preise waren exorbitant. Ein Gläschen sollte 15 Dollar kosten, da entschied ich mich doch lieber für billigen Fusel von Walmart. Soweit das Auge reichte sahen wir pompöse Weingüter, die Reben waren flach (nicht am Hang) angebaut und überall wurde bewässert – erinnert ihr euch noch was ich über den Hoover Dam und die Wasserknappheit im Südwesten der USA erzählt habe?! Snobs fuhren ihre besten Autos aus, darunter konnte man viele deutsche Automarken wie BMW, Mercedes oder Porsche erkennen, die rostigen Pick-ups suchte man vergeblich.

In San Francisco angekommen betrachteten wir die Golden Gate Bridge und suchten, neben 100 anderen Selfie machenden Leuten, einen Platz für ein gutes Foto. Dort im Gedrängel und Gewusel bekam ich das Gefühl diese eine Sehenswürdigkeit würdigen zu „müssen“, da fand ich es wirklich schöner, irgendwo alleine im Nirgendwo ein Naturwunder bewundern zu können. Im Internet hatten wir ein vergleichsweise billiges Hostelzimmer (für 100§ !!!!! die Nacht) gebucht, in der Downtown angekommen, waren wir echt froh, dass es Gitter vor der Eingangstür hatte. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Obdachlose und offensichtlich drogen- und alkoholintoxikierte Menschen gesehen, aufgemotzte Autos fuhren mit lauter Hip-Hop oder Rap Musik durch die Straßen, Gestalten tummelten sich in dunklen Ecken und machten Geschäfte, ab und zu fuhr ein Polizeiauto streife – ich dachte nur „jawoll, willkommen im Ghetto San Franciscos”. Gegen 23 Uhr machten wir uns auf zu „Fisherman’s Warf“, das ist der Hafen mit Strandpromenade und bei Touristen sehr beliebt. Eine Bar oder Restaurant reihte sich an die andere, allerdings geschlossen – seriously? Also kauften wir am Kiosk ein Bier, setzten uns auf die Stufen von einer der steilsten Straßen in SF und beobachteten die Leute. Ein paar Meter entfernt kämpfte der Rettungsdienst und die Polizei mit einer Patientin, bei dem Einsatz waren ca. Zehn Leute involviert, wahrscheinlich, weil es sonst zu unsicher ist. Ich dachte mir nur, dass ich es im Rettungsdienst vergleichsweise gar nicht so schlecht habe.

 

Am nächsten Tag liefen wir durch die Downtown, Chinatown und Fisherman’s Warf (vers. Stadtteile), aßen unverschämt teuere Fish & Chips am Pier 39, betrachteten die berühmten Cable Cars am Union Square, schlängelten uns durch die kurvenreichste Straße (Lombard Street) und suchten nach der steilsten Straße der Welt (35% Steigung). Die Cable Cars sind historische Kabelstraßenbahnen (ca. 1900), dabei läuft ein Seil in einem Graben unter der Straße, eine Klaue verbindet das Seil und den Wagon durch einen Spalt in der Straße. Den Abend verbrachte ich mit dem leckersten Eisbecher in der Hand und den Füßen im Meer. Wiggi hatte wohl nicht das beste Bier in der Hand (Bierbrauen können die Amis wirklich nicht so gut), war dafür aber im Meer schwimmen ;-).

Am nächsten Morgen (27.09.16) ging mein Flieger von SF nach Ohio. Nachdem wir mit Sack und Pack zum Mietwagen gewackelt waren musste ich erstmal zweimal gucken – über Nacht hatte uns Jemand die Heckscheibe eingeschlagen und den Kofferraum leergeräumt. Ich verfluchte alles und jeden und machte mich mit bösem Blick und eiligem Schritt auf zum nächsten Police Department. Der Officer hinter einer dicken Scheibe meinte nur „it’s not a big deal here“, nahm meinen Report auf und wollte nicht mal den Schaden am Auto begutachten. Gut, dass ich meistens eher zu viel Zeit als zu wenig einplane, vier Minuten vor Boarding erreichte ich mein Gate. Eins habe ich auf jeden Fall fürs nächste Mal gelernt: kein Mietwagen in SF! Parkplätze sind unglaublich teuer, wir hatten den günstigsten mit ca. 20$ pro 12h, für einen eventuell sichereren Parkplatz kann man aber mindestens das Dreifache rechnen. Allgemein halte ich die Stadt für ziemlich gefährlich, teuer und dreckig – andere würden jetzt sagen „welche Großstadt ist das nicht?“, ich mag halt eher die Country Side. Bisher habe ich Naturwunder und andere Sehenswürdigkeiten in 12 verschiedenen Staaten der USA bewundern können, das ist mehr als so mancher Einheimischer gesehen hat! Ich bin unglaublich dankbar und froh, dass ich eine solch wunderbare Freetime erleben durfte und ich denke, ich hätte sie nicht besser nutzen können!

Jetzt bin ich schon einen Monat in Ohio, das erste Mal im Osten der USA und hier ist vieles anders! Man kann sagen, alles östlich des Mississippi Rivers gehört zum Osten, alles westlich des Flusses, zum Westen von Amerika.

Ich komme mit dem Schreiben gar nicht mehr hinterher, versuche mich aber zu beeilen, sodass ihr bald einen neuen post von mir lesen könnt. Bis dahin liebste Grüße 😉

Freetime Part 1

 

Hallo Ihr Lieben!

Momentan erlebe ich gerade meine „freetime“, das heißt ich feiere gerade zwei Wochen lang Bergfest (Mitte meines sechs monatigen Austauschs). Aber dazu später mehr, erstmal berichte ich noch ein wenig von der Zeit in meiner zweiten Gastfamilie in Nebraska. Unsere normalen Arbeitstage bestanden darin, morgens früh die Pferde zu satteln und entweder eine Herde Rinder in eine andere Weide zu treiben, ausgebüxte Rinder zurück zur Herde zu bringen oder Jungrinder zurück zur Ranch zu treiben um sie verladen zu können. Und da eine Weide ca. 300 – 600 Hektar groß ist konnten die kleinsten Arbeitsschritte schon mal den halben Tag einnehmen, außerdem ist es auch gar nicht so einfach sich zu orientieren. Amis benutzen für Wegbeschreibungen auch niemals links und rechts, sondern nennen immer Himmelsrichtungen. Es ist einfach nur ein Wahnsinnsgefühl in der unendlichen Weite, bei Sonnenschein, mit einer Handvoll anderer Cowboys und – girls mehrere Hundert Rinder von A nach B zu bringen. Mir war vorher auch gar nicht so bewusst, dass es einen so großen Unterschied macht ob man Mutterkühe mit Kälbern treibt oder Jungrinder. Die Mutterkühe lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, kennen die Wege und verzeihen Fehler. Die Jungrinder sind schreckhaft und sprunghaft und man setzt alles daran, dass sie nicht in Panik verfallen. Einmal ist uns ein Stier aus der Herde ausgebüxt, dabei hat er drei Zäune umgerannt– mein Gastvater meinte nur „dummes Vieh, die können nachdenken oder rennen, aber nicht beides gleichzeitig!“

Das Wochenende vor Labor Day hat in Nebraska die american football season begonnen, also hatte ich die Ehre das erste Spiel der Nebraska Cornhuskers mitzuerleben und das war echt ein Erlebnis. Ich würde sagen, man kann es mit dem feeling eines WM Spiels der deutschen Nationalmannschaft vergleichen. Niemand ist auf den Straßen zu sehen, es wird nur noch die Farbe Rot oder das Huskers Emblem getragen, Männer weinen, wenn die Gegner einen Punkt bekommen…Ein Fan meinte zu mir „on gameday all the americans are nuts“ und das stimmt leider wirklich :-D.  Im Station waren fast 90000 Leute, vor dem Spielbeginn und in den Pausen spielte eine riesige Band und es gab sechs verschiedene Cheerleader Teams. Zum Glück gewannen die Huskers das Spiel gegen die Fresno State Bulldogs (Californien), ich hätte nicht alle im Station tröten können.

Mitte September fuhr ich nach Kansas, um dort ein paar andere IFYE’s zu treffen. Wir verbrachten das Wochenende auf der state fair, halfen dort ein bisschen aus Sachen für 4-H vorzubereiten oder zu verkaufen, guckten uns z.B. Wohnmobile an, die größer und komfortabler als manches Haus waren und aßen frittierte Oreokekse oder frittierten Snikers, welche gar nicht mal so schlecht waren. Einen Abend verbrachten wir auf einem Andy Grammer und Rachel Platten Konzert, den anderen Abend bei einer Comedy Show von „Fluffy“ (Gabriel Iglesias). Die Amis lieben den Typen, ich fands ziemlich witzig, dass er selbst ziemlich dick ist und ziemlich gute Witze über Dicke macht. Ich versuche euch mal ein Beispiel zu geben: er sitzt im Auto und wird von der Polizei angehalten und aufgefordert beide Arme aus dem Fenster zu halten (um zu zeigen, dass er keine Waffe in den Händen hält). Er hält nur den linken Arm aus dem Auto, die Polizei brüllt „den rechten Arm auch!“, er brüllt zurück „geht nicht ich bin zu fett!“ Ok ich gebe zu, es ist etwas makaber, wenn ich das hier so schreibe, aber die meistens von euch kennen ja meinen Humor und wissen, dass nichts davon böse gemeint ist ;-). Außerdem hat er aktuelle Themen aus der Politik aufgegriffen, z.B. ein bisschen über Trump hergezogen oder die Hispanics auf die Schippe genommen (er selbst ist auch Hispanic, andernfalls wäre das wohl zu heikel gewesen). Hispanics sind Leute aus Süd- und Mittelamerika z.B. Mexico, viele von diesen kommen nach Nordamerika und erhoffen sich dort ein besseres Leben. Mache hier in Nordamerika meinen, dass sie dem Staat auf der Tasche liegen, Arbeitsplätze wegnehmen usw.

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In die folgende Woche startete ich, mit einem dicken Grinsen im Gesicht, im Flugzeug von Kansas nach Las Vegas. Mit im Flieger saß Ludwig, ein anderer IFYE aus dem Allgäu, unser Plan war es, die nächsten knapp drei Wochen, die Westküste der USA unsicher zu machen. Das Erste in Las Vegas, was uns schon im Flughafen ins Auge viel, waren die Spielautomaten. Das sollte sich in den nächsten fünf Tagen auch nicht ändern. ÜBERALL waren Spielautomaten oder Casinos, selbst in den Tankstellen und zu JEDER Tages oder Nachtzeit hinge irgendwelche Gestalten davor. Jedes Hotel war gleich angelegt, in der untersten Etage ist ein riesiges, für Jedermann zugängliches Casino und in den Stockwerken darüber sind endlos viele Hotelzimmer gebaut. Die main street mit den populärsten und größten Casinos nennt sich der Strip (Las Vegas Boulevard), dort findet man u.a. den Cesars Palace (Casino aus den Hangover Filmen). Mein Plan war es, wie im Film auch, auf dem Dach mit Jägermeister anzustoßen, leider kam es gar nicht erst so weit, vielleicht, weil ich schon im Hotelzimmer mit dem Jägi begonnen hatte ;-). Einen anderen Abend verbrachten wir in der Downtown, auf der freemont street gab es allerhand Straßenkünster, Bands/Singer und andere verrückte Leute zu beobachten. Im Golden Nuggets kaufen wir zwei Drinks für 30 Doller und versackten am Roulettetisch. Als wir um zwei Uhr nachts aus dem Casino rauskamen, waren die Straßen schon fast leer – von wegen die Stadt die niemals schläft.

Mit der Zeit fanden wir heraus, dass man echt schon nachmittags um vier anfangen muss in den Casinos sein Geld zu verlieren und sich nicht wie in Deutschland üblich, erst um Mitternacht auf den Weg zu machen. Vom Stratosphere Tower, dem mit 350m höchsten freistehenden Aussichtsturm der USA (welcher gleichzeitig unser Hotel war), hatte man einen unglaublichen Ausblick über ganz Las Vegas. Nachts ist die Stadt mit den unterschiedlichsten Lichtern beinahe taghell beleuchtet und um einiges schöner anzusehen als am Tag. Einige Hotels stellen Nachbauten von bekannten Orten der Welt dar, also sahen wir den Eifelturm, das Kolosseum und venezianische Gondeln auf einem türkisenen Fluss entlangfahren, ist das nicht verrückt??!

Mit dem Auto fuhren wir durch die Wüste Nevadas und den Valley of Fire State Park, badeten im Lake Mead und bestaunten den Hoover Dam. Der Hoover Dam ist eine riesige und mächtige, ca. 1930 gebaute Talsperre auf der Grenze von Nevada und Arizona. Er staut den Colorado River (kommend von den Rocky Mountains, fließend durch den Grand Canyon) als Lake Mead auf. Dieser See, ist der größte und wichtigste Stausee in den USA und dient der Erzeugung von Strom und Wasserversorgung von ganz Nevada, Arizona und Kalifornien. Ein enormes Problem ist es, dass die großen Städte wie Las Vegas oder Los Angelas zu schnell wachsen, dass es zu viele Touristen gibt und dass zu viel Wasser für die Bewässerung der Felder benutzt wird, z.B. für den Weinbau in Nappa Valley in Kalifornien. Im Jahr 1999 war der See das letzte Mal komplett gefüllt, seitdem ist er um 30m gesunken, bei jetzigem Wasserverbrauch wird der See wahrscheinlich in 10-15 Jahren leer sein – Alternativen gibt es keine!

Das faszinierendste, gigantischste, weiteste, einzigartigste was ich bisher gesehen habe war der Grand Canyon in Arizona. Ich glaube meine Fotos können lediglich einen kleinen Eindruck vermitteln. Ich wünsche wirklich jedem, das alles einmal mit eigenen Augen sehen zu können! Der Grand Canyon ist 450km lang und 6-30km breit, die verschiedenen Gesteinsschichten wurden in vielen Million Jahren vom Colorado River freigelegt. Wir waren am “South Rim” (Südrand) und sind 340m in den Canyon hinunter gewandert (auf 1855m) das hat knapp drei Stunden gedauert, man sagte uns, wir hätten einen guten Wandertag mit „nur“ 28°C erwischt, je tiefer man in den Canyon wandert, desto wärmer wird es. Der Plan fürs nächste Mal ist es auf jeden fall bis ganz nach unten in den Canyon zu laufen und dort zu campen. Das Sahnehäubchen war es, zu sehen wie die untergehende Sonne, den Canyon in ein Meer von hunderten verschiedenen Farben verwandelt – rosa, lila, orange, blau …

Übrigens habe ich die besten Bilder verloren, wenn ich neue organisiert habe werde ich sie natürlich posten! 🙂

My second host family

Sooo lang ists her, dass ich mich mal gemeldet habe – heute nehme ich mir die Zeit und schreibe ein paar Zeilen für euch!

Mittlerweile bin ich schon zwei Wochen in meiner zweiten Gastfamilie und lerne das Leben der echten Cowboys in America kennen. Nach etwa drei Stunden fahrt, eine davon ausschließlich FELDWEG kam ich auf der Ranch meiner neuen Gastfamilie an. Vor der Haustür sonnte sich eine Schlange und ich dachte mir nur “tolles Willkommensgeschenk” :-D. Ich lebe jetzt einen Monat in einem Dorf mit etwa 200 Einwohnern. Zur nächsten Kleinstadt mit Supermarkt fahren wir 50 Minuten. Dunning liegt im Herzen der Sandhills die etwa 1/4 von Nebraska ausmachen. Die Sandhills sind riesige, mit Gräsern bewachsene Sanddühnen. Unmittelbar unter diesem Gebiet befindet sich großer See mit Grundwasser der ganz Nebraska und Teile anderer Staaten versorgt. Übrigens ist der Sand so fein, das man Ihn ohne weiteres zur Herstellung von Schmirgelpapier oder für Sandstrahlreinigung nutzen könnte. Achja und weil in Sand nicht wirklich was anderes außer Gras wächst, macht es Sinn dieses Gebiet einfach als Weide für tausende von Rindern zu nutzen.

Mein Gastvater hat ca. 1500 Rinder, 15 Pferde und 2800 Hektar Land, das ist die komplette Fläche von Hüpede mal vier. Wenn wir Mineralien in den verschiedenen Weiden verteilen sind wir vier Stunden unterwegs –  ich sitze dann im Pick-up neben Brett, dem 13 jährigen Sohn, der keinen Führerschein hat aber trotzdem überall hinfährt. Aber das ist garnicht so so schlimm, denn das Auto hat weder Außenspiegel noch Nummernschilder, wir fallen also garnicht auf ;-). Meine Gastmutter arbeitet als Immobilienmaklerin und Taylor, die 16 jährige Tochter geht zur Highschool, spielt Volleyball und liebt Supernatural. An einem meiner ersten Tage hier fragte mich mein Gastvater ob ich mit zum Elektroladen kommen möchte, er bräuchte ein Teil um den Trecker reparieren zu können. Wir fuhren 4 Std. zum Laden, kauften in 10 min das fehlende Teil und fuhren 4 Std. zurück – nächstes Mal frage ich genauer :-D. Zu den alltägliche Aufgaben auf der Ranch gehören: Rinder auf Krankheiten zu checken, Zäune und andere Dinge reparieren, Windmühlen für Wasser in den Weiden kontrollieren, Pferde ausbilden und reiten oder wenn das Gras zu knapp wird die Rinder auf eine andere Weide zu treiben. Eine Variante ist es die Rinder mit Quad’s zu treiben, mein Gastvater favorisiert allerdings die oldschool Variante auf Pferden. Die typische Pferderasse hier ist Quartierhorse, weil sie einen sogenannten “Cowsense” haben und es ist unglaublich wie gut die Pferde hier trainiert sind. Letzte Woche wollten wir einen Stier von der Herde separieren und auf eine andere Weide bringen, ich habe den Stier nur angeguckt und das Pferd hat alles von allein gemacht – zum Glück, ich hatte nämlich kein Wort von den Erklärungen meines Gastvaters verstanden :-D. Dann wurde der Stier geroped, das bedeutet er wird mit dem Lasso gefangen, auf den Boden gebracht und die Beine zusammen gebunden. Ein paar Wochen vorher hatte ich das “Roping” als Disziplin beim Rodeo gesehen und niemals gedacht, dass es wirklich auf der typischen Rancharbeit beruht – ich war ziemlich beeindruckt :-). Übrigens gibt es einen Unterschied zwischen Farm und Ranch. Eine Ranch hat ausschließlich Tiere, eine Farm hat Ackerbau und ggf. Tiere. Jaja, wieder was dazu gelernt in Johannas Blog ;-).

Das erste Augustwochenende verbrachten wir in South Dakota, kleine Anekdote dazu: nach der Mittagspause klopfe es an meiner Zimmertür “Johanna we leave the house in 10 minutes”, nach den 10 Minuten schlappte ich mit Arbeitskleidung und mäßiger Laune in die Küche. Erst als ich die gepackten Koffer im Flur entdeckte und die Hälfte der Familie gestriegelt im Auto sitzen sah, kam mir der Gedanke, dass ich den Nachmittag wohl nicht mit fencing (Zäune bauen) verbringen würde. Währenddessen ich hektisch meine Sachen zusammen suchte dachte ich mit einem Grinsen im Gesicht, das passiert also wenn man nur jeden zweiten Satz auf englisch versteht :-D. Unser erster Stopp war in Fort Robinson, ein ehemaliger US Army Stützpunkt im späten 1800. Grob gesagt kämpften zu der Zeit die Cowboys gegen die Indianer. Die Sioux (Indianerstamm) besiedelten den größten Teil der Mitte Amerikas. Dann kamen die Cowboys, wollten das Land einnehmen und vertrieben die Indianer in Reservate. Der Anführer der Sioux “Crazy Horse” starb in Fort Robinson. (Keine Gewähr für meine historischen Infos, ihr wisst ja jetzt wie gut ich alles verstehe :-)). Außerdem besuchten wir das Crazy Horse Memorial das seit 1948 in Arbeit ist und das Mount Rushmore National Memorial. Dort sind die vier Gesichter unterschiedlicher Präsidenten im Mount Rushmore verewigt. Von links nach rechts: George Washington (1. US Präsident), Thomas Jefferson (Verfasser der Unabhängigkeitserklärung), Theodore Roosevelt (Verhalf der USA zu politischem und wirtschaftlichen Aufschwung) und Abraham Lincoln (begleitete die USA durch den Civil War (Abschaffung der Sklaverei). All diese Memorial befinden sich den Black Hills (Gebirgszug mit schwarzem Gestein), dort habe ich auch das erste Mal eine Herde Buffalos und Prairie Dogs gesehen.

Letzte Woche war ich auf der National IFYE Conference in Kansas. IFYE bedeutet International Farm Youth Exchange und ist der Name des Austauschprogramms an dem ich gerade teilnehme. Eingeladen waren alle ehemaligen IFYEs und natürlich alle IFYEs die mitten im USA Austausch stecken. Nach dem offiziellen Tagesprogramm machten wir die Bars in Manhattan (Kansas) unsicher oder fuhren Boot und Wakeboard auf dem Tuttle Creek Lake.

 

The time is running

Jetzt bin ich schon drei Wochen hier, the time is running…

Momentan ist County fair in Lexington. County bedeutet Landkreis und eine fair ist eine Mischung aus Schützenfest und Messe, nur besser :-D. Man stelle sich nun unser normales Schützenfest vor mit Schlager Musik, Bratwurst, Fahrgeschäften und anderem Spiel und Spaß. Hier läuft stattdessen Country Musik, alle Leute tragen Cowboyboots und einen Hut, es gibt pullet beef burger mit Barbecuesauce, Cowshows, Rodeos und andere Tiere, landwirtschaftliche Maschinen usw. die zur Schau gestellt werden. Und das alles bei feinsten 35 °C, ich liebe es :-). Auf einer county fair wird viel von 4-H (head, hands, heart und health) organisiert, das ist eine internationale Organisation für Kinder und Jugendliche, in etwa sowas wie unsere Landjugend. Auf einer fair haben sie die Möglichkeit all ihre Projekte auszustellen, diese werden dann bewertet. Beispielsweise werden Kuchen gebacken, kleine Möbel gebaut, Kissen genäht oder Marmelade eingekocht. Ein anderes Gebiet ist das vorstellen von kleineren Tieren wie Hase, Huhn, Ziege oder ein Kalb/ Kuh auf einer Cowshow zu repräsentieren. Die Kühe werden mit allen Mitteln aufgetakelt, z.B. Haarspray und das Fell möglichst fluffig aussehen zu lassen oder Farbspray um Unstimmigkeiten zu kaschieren zum Schluss gibt es einen Gewinner. Für mich sahen die Kühe eigentlich alle gleich aus, könnte aber auch daran gelegen haben, dass meine Brille sicher verstaut zu Hause lag – naja die Amis stehen jedenfalls voll drauf!

 

In einem Rodeo gibt es verschiedene Disziplinen, manche davon basieren auf der ursprünglichen Arbeit eines Cowboys, z.B. das calf roping (Kälber mit einem Lasso fangen), bareback riding (Reiten auf Wildpferd oder bucking horses ohne Sattel). Dann gibt es unter anderem noch das bull riding (Bullenreiten), dabei muss sich der Reiter mind. 8 sek. auf einem bockenden Bullen halten – danach ist er ein Held ;-). Das steer wrestling ist auf Rodeos in Deutschland verboten, dabei hechtet der Cowboy von seinem galoppierenden Pferd auf einen Stier, fasst ihn dann an den Hörnern, um so den Kopf des Tieres auf den Boden zu bringen – schafft er es, ist er stärker als der Stier und ebenfalls ein Held. Ich fand das Rodeo mega interessant, vor allem weil die Pferde unglaublich gut trainiert sind und die Reiter perfekt im Sattel sitzen oder im schnellsten Galopp abspringen als wäre nichts dabei, allerdings hatte ich ein schlechtes Gefühl die Kälber durch die Luft fliegen zu sehen. Ein Video gibts übrigens bei Facebook, kann ich hier leider nicht hochladen!

 

Letztes Woche haben wir eine Kajaktour auf einem See gemacht, ich fand es großartig die Stille und die Natur zu genießen, anschließend gab es ein Barbecue (wer hätte das gedacht :-P). Ein paar Tage später haben wir einen ausgesetzen Babyhund mitten im Nirgendwo gefunden. Wir haben dann alle Nachbarn abgeklappert und gefragt ob jemand einen Hund vermisst, leider ohne Erfolg. Jetzt heißt er Pluto und wohnt bei der Schwester meiner Gastmutter.

 

Am Wochenende waren wir in Lincoln, der Hauptstadt von Nebraska. Dort haben unteranderem den Campus der University of Lincoln und das zugehörige American Football Stabdion besichtigt. Der Campus ist quasi eine zweite Stadt in der eigendlichen Stadt und das Stadion fasst ca. 100 000 Leute, das sind doppelt so viele wie in die AWD Arena in Hannover passen – für Collegefootball!!! Jeder hier ist Fan der Nebraska Cornhusker (Footballteam), im September beginnt die neue Saison, diese endet dann zur Zeit des Super Bowls im Februar. Habe mir jetzt ungefähr drei Mal die Spielregeln erklären lassen aber immer noch nicht verstanden, vielleicht frage ich in meiner nächsten Familie nochmal :-D. Aber wenigstens weiß ich jetzt, dass es Unterschiede zwischen Rugby und American Football gibt. Abends war ich auf meinem ersten Country Konzert, das war einer meiner besten Abende! Das Open Air Konzert fand in einer Rodeoarena statt, sonniges Wetter, links und rechts neben der Arena konnte man die Pferde auf der Weide beobachten und hinter Bühne ging die Sonne unter – perfekt! Erst als wir kurz vor dem Konzertbeginn in einer kleinen Gruppe von Leuten zum Tourbus taperten, checkte ich, dass wir sogar meet & greet Eintrittskarten hatten 😀  Ich legte mein bestes Grinsen auf und machte fleißig Fotos mit dem Sänger (Aaron Watson) und den Bandmitgliedern. Auf Grund meiner außergewöhnlich guten Englischkenntnisse viel recht schnell auf, dass ich wohl nicht aus den USA kam, der Sänger brachte seine Freude mit den Worten “A free tshirt and a cd for the german girl” zum Ausdruck – ich freute mich riesig :-D.

The flight and my first host family

Nein, mein Blog ist nicht auf englisch, die Überschrift soll nur versuchen das gewisse Feeling rüberzubringen 🙂

 

Hallo meine lieben Freunde und Freundesfreunde,

damit ihr Daheimgebliebenen auch gut informiert bleibt und ein bisschen an meiner USA Reise teilhaben könnt, werde ich hier von Zeit zu Zeit ein paar Infos auflisten, Fotos hochladen oder meine neusten Eindrücke schildern. Übrigens fällt mir nach diesen paar Zeilen schon auf, dass es mir schwerer fällt die deutschen Wörter zu finden und zu schreiben und das alles nach dem sechsten Tag in der USA 😀

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Am 1 Juli um 11 Uhr fing meine Reise an. Ich startete am Flughafen in Hannover, flog nach London Heathrow (2h) und von da aus mit einem RIESEN Flugzeug nach Dallas Fort Worth in Texas (10h). Im Flugzeug saß ich zwischen zwei Texanern. Die eine studiert in Österreich, der andere tank so lange ein Bier nach dem anderen bis die Stewardess ihm einfach keins mehr brachte. Als ich ihn frage ob es gutes Bier sei, meine er nur “no, its trash!” In Dallas fragte ich einen Sicherheitsbeamten wie ich denn von Terminal D zu Terminal B kommen würde, er meinte per Zug. Als ich ihn fragte “not by feed?” belächelte er mich etwas und meinte erneut ich solle doch den Skylink (Flughafeninterner Zug) nehmen. Dieser fuhr auch bestimmt 10 min, nur damit ihr eine Ahnung bekommt wie riesig dieser Flughafen ist :-D. Der Check-In verlief reibungslos, allerdings etwas ausführlicher als in Hannover und London mit Schuhe und Gürtel ausziehen, Fingerabdrücken, Foto und Ganzkörperscanner. Von Dallas flog ich in einer vergleichsweise Mini-Maschine, die Amis nannten sie “Mosquito”, nach Grand Island in Nebraska (2h). Nach amerikanischer Zeit kam ich dort um 00.00 an, nach deutscher Zeit war es 7 Uhr morgens, demnach war ich mittlerweile 24h unterwegs und so fühlte ich mich auch!

Am Flughafen in GI holte mich Mari ab, wir fuhren eine Stunde nach Hause und sahen zu, dass ich ins Bett kam. Am nächsten Morgen, nach dem wir ausführlich im “The Egg & I” frühstücken waren, brachte Sie mich zu meiner ersten Gastfamilie im Süden von Nebraska. Wir wohnen in Lexington, einer Stadt etwa so groß wie Hüpede, aber mit weniger Leuten und mehr großen Einkaufsläden und Restaurants.

Meine Gastmutter arbeitet beim größten Nachrichtenradiosender in Nebraska, er informiert über Landwirtschaft, über den aktuellen Markt z.B. Preise für Mais, Weizen, Rinder usw. und über das Wetter. Als mir an einem meiner ersten Tage hier das Gebäude des Radiosenders gezeigt wurde landete ich plötzlich in einem Studio aus dem gerade live übertragen, ehe ich überhaupt gecheckt hatte was der Plan war hatte ich Kopfhörer auf und wurde interviewt. Eine Frage war wie groß denn Hannover wäre, da ich natürlich alles vergessen hatte meinte ich nur es wäre eine sehr kleine Stadt in Deutschland, was ja garnicht stimmt. Naja ich hoffe jetzt auf die Unwissenheit der Anderen :-D. Danach meinte meine Gastmutter, dass das jetzt jeder in Nebraska, Wyoming, Kansas, Colorado, South Dakota usw. gehört hätte, jawoll! 😀

Mein Gastvater arbeitet auf einem Feedlot mit 3000 Rindern. Manchmal hilft er auf einem mit 14000 Rindern aus, ich fand das mega viel, aber er meinte das wäre verglichen mit anderen hier in Nebraska klein. Die meisten Rinder werden 2 Jahre alt, in den letzten 3-4 Monaten werden sie fett gefüttert, zum Schluss wiegen sie dann 600-800 kg. Die Mutterrinder und ihre Kälber sind aber fast das ganze Jahr in den Bergen auf der Weide. Auf dem Feedlot helfe ich dabei die Futtermischung aus hauptsächlich Mais zusammen zu stellen, kontrolliere ob kein Tier krank ist oder übernehme andere kleine Aufgaben und da alles sehr weitläufig ist und sonst zu lange dauern würde, fahre ich dabei ganz viel Quad, jippii 🙂

Die beiden Zwillinge gehen zur University in Lincoln und studieren beide Lehramt. Das Mädchen mit Schwerpunkt Agrarwirtschaft und der Junge glaube ich für Grundschulkinder. Die Familie ist sehr nett, witzig und ziemlich busy, außerdem finde ich, dass alle echt hart arbeiten. Besonders der Vater, jeden Tag von früh morgens bis nachmittags auf der Rinderfarm und danach auf den eigenen Feldern bis abends. Hauptsächlich werden hier Mais und Sojabohnen angebaut und da wir hier jeden Tag gutes Wetter (30 – 35°C) haben werden die meisten Felder bewässert. Die teurere Variante sind riesige Bewässerungsanlagen die über das Feld geschoben werden können. Die günstigere Variante, die aber weitaus mehr Arbeit macht, ist ein Rohrsystem das um das Feld gelegt wird. Dabei werden mehrere Rohe (ca. 30cm Durchmesser) ineinander gesteckt, die Rohe haben kleine “Tore”, die man per Hand öffnen und schließen muss, sie zeigen zur Innenseite des Feldes. Da der Mais auf einem Damm gepflanzt ist, bilden sich dazwischen Rinnsale die nach mehreren Stunden bis ins Innere des Feldes reichen. Morgens und Abends muss das Bewässerungssystem kontrolliert werden und neue Öffnungen geöffnet oder geschlossen werde. Übrigens ist hier ein Feld ca. 70 Hektar groß und die größeren Farmer bewirtschaften um die 2500 Hektar. Aber hier ist alles etwas größer, heute habe ich EINE Kugel Eis essen, sie war so groß wie DREI in Deutschland.

Am 4.Juli war Independence Day in den USA. Da der Nationalfeiertag dieses Jahr auf einen Wochentag viel, fingen die Amis schon das Wochenende vorher an zu feiern – bis zum 4.Juli. Das ganze Haus und der Garten wurde mit amerikanischen Flaggen oder zumindest den Farben geschmückt und jeder trug Kleidung in blau, weiß, rot. Jeden Tag gab es mehr als genug Essen und fast immer Barbecaue mit pullet pork, pullet beef, chicken, baked beans, Rips…Manchmal gab es auch Salat aber dann mit viiiiieeeeel Cheddar, bacon und Majosauce 😀 Übrigens ist  das auch die einzige Zeit im Jahr in der Feuerwerke erlaubt sind – an Silvester gibt es nur einen Countdown. Außerdem verbrachten wir an diesem Wochenende viel Zeit an einem großen See oder guckten uns verschiedene Paraden an. Die Amis lieben parades! Man kann es sich als eine Mischung aus Schützenfestumzug und Karnevalsumzug vorstellen. Jeder der will schmückt einen Anhänger, Trecker, Pferd, Auto usw., meistens mit politischen oder religiösen Hintergrund, manchmal werden auch größere Firmen oder Marken repräsentiert (John Deere, Fire Department, 4-H). Dabei werden Süßigkeiten für die Kinder und manche Erwachsene in die zuschauende Masse geworfen, das geht dann 1-2 Stunden so. In diesen Tagen ist mit aufgefallen, dass die Amerikaner viel patriotischer sind als die Deutschen!